Es geht nicht um’s „gut finden“ – Zum Zeitungssterben

19 Mär

Es ist eigentlich traurig. Ich lese nur wenig Zeitung – und das, obwohl ich aus dem Printbereich komme und dieser vor sich hin vegetiert, also jede Unterstützung benötigt. Meine Informationen und Nachrichten hole ich mir aus dem Internet und über die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosender. Denn ich bin auch die nicht-journalistische Person, die es einfach, aktuell, vielseitig haben will. Und kostengünstig, besser noch kostenlos. Genau aus diesem Grund aber, weil niemand für professionell hergestellte Online-Inhalte zahlen will, schwebt der Printbereich in Lebensgefahr und hadern die Verlage verzweifelt damit, ein Geschäftsmodell für den Onlinebereich zu entwickeln – bisher international ohne Erfolg.

Da es mir schwer fällt, mich für eine Zeitung zu entscheiden, greife ich mal hier und mal da zu. Mich interessieren (aus beruflicher Sicht) die Unterschiede zwischen den Zeitungen, die Gemeinsamkeiten, der Umgang mit dem Mitmachnetz Web 2.0. Soweit überhaupt vorhanden. Journalisten neigen noch immer dazu, das „neue“ Internet, in dem jeder seinen Senf publizieren kann, in dem alles vernetzt ist, in dem Barrieren verschwinden und in dem Informationen individuell zugeschnitten werden können, abzuwerten oder auch komplett zu ignorieren. (Zum Beispiel gibt man „dem Web 2.0“ einfach mal pauschal die Schuld für den Amoklauf…)

Ich habe mir jedenfalls dieses Mal die Zeitung durchgelesen, die erst spät nachts Redaktionsschluss hat und somit aktueller sein sollte als andere. Und ich kannte 80 Prozent der Inhalte bereits seit gestern. Aus dem Internet.

Der amerikanische Medienforscher Clay Shirky schrieb kürzlich einen viel zitierten Beitrag über die Zukunft der Zeitungen. Wie ich heute bei Indiskretion Ehrensache gelesen habe, enstand daraufhin bei der „LA Times“ eine Diskussion zwischen Jeff Jarvis und Alan D. Mutter, bekannten Kennern der amerikanischen Medienszene. Dort scheint man sich einig zu sein: Die Zeitungen sterben, da ist nichts mehr zu retten.

Thomas Knüwer von Indiskretion Ehrensache verfasste zu diesem Thema heute ebenfalls  einen Beitrag, der bewusst etwas optimistischer in die Zukunft blickt. Bis vor Kurzem war ich noch der Meinung: Print stirbt nicht, Print wird es immer geben, weil nichts über das Gefühl von Papier in der Hand geht. Oder so. Ich bin heute wesentlich skeptischer. Aber Untergangsstimmung macht sich auch bei mir noch nicht endgültig breit. Deshalb stimme ich Knüwers Argumenten weitgehend zu.

I think that newspapers can be saved. Problem is: they have to change in a pace that makes a the speed of a space shuttle look like plate tectonics.

Leider haben die Medienhäuser, allen voran die Tageszeitungen, es verpasst, sich mit dem durch das Internet und ganz besonders durch das Web 2.0 hervorgerufenen Wandel des eigenen Berufs- und Wirkungsfeldes auseinander zu setzen. Folge ist die seit Jahren andauernde Zeitungskrise. Obendrauf kommt jetzt die Finanzkrise, Krisen-Alarm hoch zwei sozusagen. Tolle Berufsaussichten.

In der Vergangenheit wurde zwischen Bloggern und Journalisten viel gestritten. Darüber, ob Weblogs Journalismus sind. Darüber, was überhaupt Online-Journalismus ist. Darüber, dass Weblogs der „Sargnagel“ des Journalismus sein werden, dass sie ihn zumindest revolutionieren, während Journalisten zum Beispiel meinten, Weblogs seien die „Klowände des Internet“. Diese Diskussion geht mittlerweile in eine etwas pragmatischere Richtung. Vor allem beginnen Verlage, sich für die „neue“ Publikationsform zu interessieren, hier und da wird sogar mal praktisch getestet. Mir scheint allerdings, dass es noch viel zu viel um die Frage geht, ob man Weblogs gut findet oder nicht. Generell, ob man das Web 2.0 gut findet. Dabei geht es nicht um gut finden. Es ist schnurzpiep egal, ob Medienmacher das Web 2.0 gut finden oder nicht. Es ist da, es wird bleiben, es verändert den Journalismus – ob man damit nun einverstanden ist oder nicht. Die Frage ist also: Wie damit umgehen, wie es für die eigenen Interessen nutzen, wie dafür sorgen, dass beide Welten, Journalismus und Web 2.0, nebeneinander – vielleicht sogar miteinander – existieren?

Knüwer schreibt, Print bleibe weiterhin bestehen,…

Because a substantial amount of people still like, love, adore the concept of a newspaper.

Ich glaube, da ist was dran. Ich kenne niemanden, der komplett auf Printprodukte verzichten möchte. Irgendwie geht es denke ich wirklich um das Gefühl von Papier in der einen, den Kaffee in der anderen Hand. Um das Ritual, das in irgendeiner Form weiter gefeiert werden will. Zumindest wird es so lange darum gehen, wie die Leser sich nicht endgültig entscheiden, dass ihnen die Zeitung nichts zu bieten hat, was das Internet nicht besser kann

Question is: Do we need a DAILY newspaper?

It seems certain that we don’t need it, if it looks like the ones we have today. Most papers still think they have the task to cover everything that’s going on in the world. They want to be complete, because before the internet they had to: There was no other source of information. Now (…) the papers saw how the web was stealing attention and readers even faster than before. And they decided to copy what seemed to be the reason for this success (…). They turned into some sort of printed internet. They didn’t realise that it was exactly the opposite of what they should have done: Differ from the internet (…). They tried to do printed internet in the papers and did newspaper business online.

Genau so ist es meiner Meinung nach. Print funktioniert nicht online und Online nicht im Print. Es geht nicht darum, das eine in das andere, völlig anders funktionierende Format, zu kopieren. Das kann nicht funktionieren, denn Online bietet eine andere Umgebung, andere Möglichkeiten, auch andere Nachteile. Online ist offen für alle, schnell, aktuell, engmaschig vernetzt – und nicht zuletzt kommen online abertausende Stimmen zu Wort, die sich auf Grund der technischen Barrieren im Print nicht äußern können. Online ist so. Online-Journalismus bisher nicht. Und das liegt an einer Mischung aus Angst, Arroganz, Befremdung, Technikscheuheit und Unwillen bei den Medienmachern.

Knüwer nennt vor allem zwei Richtungen, in die sich Zeitungen seiner Meinung nach entwickeln sollten.

The newspaper has to turn into a daily magazine.

und

In most newspaper houses online and print are not integrated. There are online journalist and print journalis, online sales people and print sales people. We have to get rid of this. We have to train journalists to forget about the medium there working for.

Ich will versuchen, etwas konkreter zu formulieren, welche Bedingungen einem Überleben des Print meiner Einschätzung nach zu Gute kämen. Mehr als ein Versuch und eine persönliche Einschätzung soll das allerdings nicht sein und ich lasse die Bereiche Anzeigen und Ausbildung bewusst raus. Es geht mir um die Inhalte.

  • Wie Thomas Knüwer schon schrieb: Zeitungen müssen lernen, nicht das Internet in den Printbereich zu übertragen, sondern sich gezielt davon zu unterscheiden. Es geht um die Frage, was Print bieten kann, was das Internet nicht kann? Das heißt meiner Meinung nach, das Relevanzkriterium Aktualität im Print weniger wichtig zu nehmen. Keine Zeitung, ganz egal, wie spät sie in den Druck geht, wird jemals aktueller sein als das Internet. Daran gibt es nichts zu rütteln. Wo aber liegen die Stärken von Print? Ich glaube, möglicherweise in Hintergrundberichten, im Erklären von Zusammenhängen, in Reportagen und Dokumentationen über aktuelle Themen, in gut geschriebenen Kommentaren, Glossen, Kolumnen, die echte Meinung beinhalten, zum Nachdenken anregen und zum Diskutieren. Und in einem ansprechenden Layout (ja, magaziniger ist da schon das richtige Stichwort glaube ich). Vielleicht auch im Lokalen, wenn es richtig angestellt wird. Ganz sicher nicht in „aktuellen“ Nachrichten und auch ganz sicher nicht in den gleichen Agenturmeldungen auf allen Titel- und vielen Ressort-Seiten.
  • Zeitungen müssen sich noch mehr Profil zulegen. In Zeiten, wo ich mir meine Infos aus zahlreichen Quellen suche und mich nicht mehr auf ein Medium, nicht einmal mehr auf ein Medienformat festlege, fehlen mir die Gründe, sich an eine Zeitung zu binden. Wie mehr Profil gewinnen? Siehe oben: mehr eigens produzierte Beiträge, viel mehr Meinung, mehr Transparenz, mehr Identifikation mit Journalisten und Autoren, die gut recherchierte Texte schreiben. Vielleicht wäre es angebracht, ein bisschen „heilige“ Objektivität einzutauschen gegen fundierte und anregende Subjektivität. Ob ich den Meinungen zustimme, kann ich doch selbst entscheiden. Auch sich widersprechende Meinungen wären denkbar. Spezialisierung auf einzelne Ressorts oder Themenbereiche wäre vielleicht auch eine Möglichkeit. Und warum ist die Reihenfolge der Seiten bei Lokal- und Regionalzeitungen eigentlich nicht andersrum: Lokales und Regionales nach außen? Damit der Leser schon auf den ersten Blick erkennt, dass am Kiosk sein Lokalblatt und nicht irgendein x-beliebiges Blatt vor ihm liegt.
  • Das Feedback der Leser darf nicht länger ignoriert werden. Leserbriefe, die womöglich im Papierkorb landen, reichen nicht mehr aus. Jeder Autor sollte erreichbar sein, seine Mail-Adresse gehört mindestens ins Impressum. Feedback muss ernst genommen werden. In diesem Bereich besteht auch online noch ein riesiger Nachholbedarf. Wo es eine Kommentarfunktion gibt, ist diese oftmals eingeschränkt (durch Registrierung, Moderation, Schließung zu bestimmten Tageszeiten…) und es findet zwischen Autor und Nutzer so gut wie nie ein Austausch statt. Die Anregungen und Kritik aus den Kommentaren werden meist einfach ignoriert, aufgedeckte Fehler nur widerwillig, intransparent oder gar nicht berichtigt. Das ist keine Interaktivität, seien personelle und rechtliche Gründe noch so plausibel. Als Nutzer empfinde ich das als Ausschluss.
  • Vernetzung und Tranparenz: Wenn ich in der Zeitung einen hochwertigen Hintergrundbericht lese, möchte ich dazu im Internet die Videos sehen und die Audios hören. Wenn der Platz für die Diskussion in der Zeitung nicht reicht, möchte ich sie im Internet fortführen können. Wenn es eine Gegenmeinung gibt, die nicht im Blatt steht, dann wäre ich dankbar für einen Link, damit ich selbst hinsurfen und mir meine Meinung bilden kann. Wenn es im Web weitere Infos gibt, her mit dem Link. Es gibt noch mehr tolle Fotos? Ich will sie online sehen. Dafür kann ich auf überflüssige und künstlich aufgeblasene Klick-Strecken online verzichten. Ich freue mich, wenn ein Redakteur oder eine Redaktion twittert oder bloggt, weil es mir das Gefühl gibt, da sitzen Menschen, die mit mir kommunizieren und weil es ihren Arbeitsalltag transparenter macht. Und ich habe Achtung vor jedem Autor, der sich der Kritik offen stellt und ohne viel Brimborium, dafür aber transparent Korrekturen vornimmt. Das kann ich eher tolerieren als jemanden, der offiziell unfehlbar ist. Ich habe nichts gegen den Menschen im Journalisten.
  • Der Journalismus muss sich mehr öffnen, mehr Partizipation der Leser und Nutzer zulassen. Auch im Printbereich. Als ein Beispiel sei „Der Freitag“ genannt, der derzeit als „größte Redaktion Deutschlands“ auftritt und die Inhalte seiner Leser und Nutzer stark in das Produkt einbindet. Ich will das hier nicht bewerten, ich finde es einfach unglaublich spannend. Journalisten sollten ihre Aufgabe mehr darin sehen, Beiträge, die „von unten“ kommen ernst zu nehmen, überhaupt wahrzunehmen, die guten auszuwählen und aufzunehmen in das eigene Produkt. Auch dadurch lässt sich Profil gewinnen, denn einzelne Autoren und Meinungen rücken so stark nach vorne, Diskussion wird angeregt, Nutzer binden sich vielleicht gerade deshalb an diese eine Marke, bekommen nur hier diese Diskussion geboten, nehmen im Idealfall selber daran teil. Außerdem tummelt sich im Web 2.0 eine Menge Wissen von Menschen, die auf ihrem Gebiet mehr wissen als ein Journalist. All diese Infos und Meinungen zu ignorieren, ist dumm. Man muss ja nicht gleich in Panik ausbrechen ob dieser „Konkurrenz“. Guter Journalismus macht weiterhin Sinn. Und wenn er wirklich gut ist, werden das auch Anzeigenkunden und Leser zu schätzen wissen. Auch im Print. Web 2.0 kann ihn ergänzen und noch wertvoller machen, ohne ihn zu ersetzen.

Noch einmal: Es geht nicht um’s gut finden. Sondern um eine Entwicklung, an der man nicht vorbei kommt, die sich ungeachtet aller Vorbehalte einfach durchsetzt und Punkt.

Trotzdem habe auch ich eine ähnliche Angst wie Thomas Knüwer. Als Berufseinsteigerin vielleicht noch viel mehr. Aber auch als Nutzerin und Leserin, die zu Hause nicht immer Journalistin ist:

What I’m afraid of (not only because its a question of my job) is a period where we have to live more or less without quality journalism. In an globally unstable situation like the current one the effects could be desastrous.

Und wie das alles zu finanzieren ist – was ja das Hauptproblem darstellt, wie bei Indiskretion Ehrensache ausführlicher dargestellt ist als hier – weiß ich leider auch nicht.

6 Antworten to “Es geht nicht um’s „gut finden“ – Zum Zeitungssterben”

  1. Kirsten Freitag, März 20, 2009 um 08:31 #

    Ich weiß schon, warum ich Dich in meiner Blogroll hab. 🙂

    Großartiger Artikel!

    Ich kenne inzwischen beide Seiten sehr gut – gelernt hab ich im Print, inzwischen arbeite ich ausschließlich für Online (mit 4,5 Jahren Arbeitslosigkeit dazwischen). Und immer, wenn ich mal wieder eine Ausgabe der alten Zeitung von zu Hause in der Hand hab, fällt mir auf, dass sich NICHTs geändert hat. Außer vielleicht, dass es noch mehr Rechtschreibfehler gibt. Aber dort werden neue Entwicklungen erst dann mitgemacht, wenn sie schon lange veraltet sind. Denn was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht.
    Dann denke ich immer, wie gut es ist, jetzt für Online zu arbeiten – bis zur nächsten Diskussion darum, ob in den Text eingebettete Links jetzt gut sind oder nicht. 😉

  2. Stefan Freitag, März 20, 2009 um 09:42 #

    Man darf bei der ganzen Diskussion um die Zunkunft der Printmedien jedoch nicht vergessen, dass es noch viele ältere Menschen gibt, die noch nicht mal einen Computer zu Hause haben geschweige denn je haben werden. Für diese Zielgruppe sind Zeitungen usw. nach wie vor relevant, auch wenn sie nicht ausreichen dürften, um das ganze zu refinanzieren.

  3. Kassiopaia Freitag, März 20, 2009 um 10:34 #

    Wie passend dein Artikel ist, denn Mittwoch habe ich mich mit einem gelernten BWLer und nun Online Marketing-Menschen unterhalten. Allerdings lag der Fokus auf der Werbung. Viele Zeitungen sterben, weil es für Werbekunden nicht mehr lukrativ ist in ihnen eine Anzeige zu schalten. Kauft ja keiner, weil alle nur noch ihre Infos übers Netz aufnehmen. Der Trend, dass viele Zeitungen einen kurzen Überblick ihrer Schlagzeilen nun auch für Handys gestalten, ist allerdings auch ungünstig für die Zeitungen. Denn auch dort kann man keine Anzeigen schalten, weil das Handydisplay viel zu klein ist und die Artikel den gesamten Raum einnehmen. Da passen sich also schon die Verlage an das Onlinegeschehen an, haben aber effektiv nichts davon. Die Katze beißt sich sozusagen in den Schwanz.
    Er hat auch erzählt, dass San Fransisco die erste Stadt sein wird, die bald keine regionale Zeitung mehr haben wird. Die Vorstellung ist ganz schön erschreckend, finde ich.

  4. Muschelschubserin Freitag, März 20, 2009 um 12:09 #

    @Kirsten
    Ja, genau so ist es wohl. Da wird über Links disktutiert, während die Online-Welt schon längst bei ganz anderen, noch vielfältigeren Anwendungen angekommen ist, die ebenfalls interessant wären.

    @Stefan
    Ich sage ja nicht, dass Zeitungen nicht relevant sind, im Gegenteil. Sie sind einfach nur nicht zeitgemäß, so wie sie jetzt sind. Alle meine Ideen widersprechen überhaupt nicht der Tatsache, dass auch ältere Leser mitlesen. Niemand muss Links benutzen, niemand muss online gehen, niemand muss kommentieren. Passivität ist auch im Netz noch sehr weit verbreitet, gerade hierzulande und auch unter jungen Leuten.
    Auch eine Art Überblick über die aktuellen Themen, meinetwegen auch aus Agenturmaterial, ist weiterhin sinnvoll. Es wird aber derzeit überbewertet und hat meiner Meinung nach überhaupt nichts auf der ersten Seite einer Lokalzeitung zu suchen. Auch ältere Menschen gucken die Tagesschau und kennen den Großteil dieser Inhalte somit schon vom Vorabend.
    Es geht auch darum, die jungen Leser überhaupt zu gewinnen. Die hören nicht nur auf, sondern die fangen gar nicht erst an, Zeitung zu lesen. Weil sie nicht wissen, wozu. Und das ist durchaus nachvollziehbar. Es findet ein Generationswechsel statt und die Zeitungen machen nicht mit. So machen sie sich selbst überflüssig.

    @Kassiopaia
    Ja, in den USA schreitet das Zeitungssterben ebenfalls voran. Hier ein Artikel dazu, bezogen auf die letzten drei „Opfer“ Seattle Post-Intelligencer, San Francisco Chronicle und Rocky Mountain News: http://medienlese.com/2009/03/16/us-zeitungskrise-online-gehts-weiter/

    Bei der NY Times läuft derzeit ein Projekt, in dem es um lokale Blogs geht – spannend, weil sich mal was getraut wird: http://medienlese.com/2009/03/05/kurzes-update-nyt-startet-the-local/.

    Was ich in meinem Text nicht geschrieben, aber gedacht habe, ist noch Folgendes: Es wird immer mehr Druck auf einzelne Journalisten abgeladen. Wenn jeder Redakteur jeden Tag ein oder zwei Seiten alleine füllen soll, geht das zwangsläufig auf die Qualität. Das ist nicht zu schaffen mit gut recherchierten, eigenen Texten. Wenn dann noch Forderungen hinzu kommen, obendrein zu moderieren, bitte schön jeden Kommentar zu beantworten, zu twittern, zu bloggen und so weiter, kann man sich denken, dass das zu viel wird. Deshalb gehen diese Anmerkungen noch viel mehr an die Verlage als an die Redaktionen und einzelnen Journalisten.

    Ich kenne außerdem etliche Leute, die mich fragend angucken. Zeitungskrise? Medienkrise? Wieso? Ich hab den Verdacht, das ist gar nicht in den Köpfen angekommen. Wieso es ein Problem ist, dass online alles umsonst zu haben ist. Die sich aber gleichzeitig vermutlich über die schlechte Qualität des Journalismus ärgern. Es ist auch Aufgabe, das überhaupt ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, auch hier Zusammenhänge zu verdeutlichen – und zwar auch außerhalb des Internets. (Nur: Wie durchsetzen, dass diese Themen nicht nur in den Journalistik-internen Medien auftauchen, weil kein Verleger sie im eigenen Blatt dulden würde? Wie Kritik am eigenen Unternehmen äußern und dann auch noch öffentlich? Das Problem gibt’s überall, aber im Journalismus verstärkt es sich.)

  5. truetigger Freitag, März 20, 2009 um 13:49 #

    Nun, ich MAG Zeitungen einfach. Inzwischen hat das Internet die Zeitung als *Informationsquelle* abgelöst, doch die WE-Zeitung zum (mittags stattfindenen) Frühstück ist eine Art Ritual: blättern, mit Muße einen längeren Bericht lesen, dabei eben NICHT am Monitor zu hocken – dies lässt mich etwas spüren, was ich unter „Lebensqualität“ abhefte, will sagen: ICH fühl mich dabei einfach wohl.

    Meine Zeitung kauf ich mir nur Samstags, denn unter der Woche schaff ich das Frühstück nicht, und von einer Sechstel-Auflage wird der Verlag vielleicht auch nicht überleben. Wär schad drum.

    Ja, der Stellenwert der Zeitung hat sich gewandelt. Träge, viel zu unaktuell, viel zu ereignisgeil, teils zu einseitig berichtet, teils zu dumpf Agenturmeldungen wiedergebend, die im gleichen Wortlaut schon Tage zuvor online vorbeischwirrten: als Informationsmedium ist die Zeitung IMHO längst tot. Vielleicht überlebt sie als Luxusgut 🙂

  6. Muschelschubserin Freitag, März 20, 2009 um 20:36 #

    Ja, das war ja auch eine Frage von Thomas Knüwer: Brauchen wir TAGES-Zeitungen? Ich glaube, das geht Vielen so wie dir. Hab letztens noch von jemandem gehört, der ein Abo für die Lokalzeitung wollte, aber nur für die Wochenend-Ausgabe. War nicht möglich!

    Als Luxusgut empfinde ich mittlerweile die beiden Zeitschriften, die ich seit Jahren im Abo habe und die ich auch lese. Beide sind recht umfangreich und das Lesen ist somit zeitaufwändig. Mehrmals schon dachte ich, das Geld könnte ich mir auch sparen, aber wenn ich in diesen schönen und hoch interessanten Texten (die zumindest in einer der beiden stehen) versinke, wird mir klar, dass ich nicht drauf verzichten möchte.

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