Die Gestohlenen Generationen: Info-Material

31 Mai

Seitdem ich in diesem Blog über die so genannten Gestohlenen Generationen (manchmal auch Geraubte Generationen, auf Englisch jedenfalls „Stolen Generations“ genannt) gebloggt habe, finden erstaunlich häufig Interessierte über Suchmaschinen und entsprechende Suchbegriffe zu meinen Beiträgen. Wie mir scheint, sind einige davon auf der Suche nach Material für den Unterricht oder für Referate.

In einem meiner Texte hatte ich bereits das Buch „My Place“ von Sally Morgan (auf Deutsch „Ich hörte den Vogel rufen“) empfohlen. Heute empfehle ich zwei Zeitschriften, die sich dem Thema Gestohlene Generationen teilweise widmen und die für alle Australien-Fans interessant sein dürften:

– Das deutsche Magazin „Australien“ behandelt in der aktuellen Ausgabe die Frage, wie es gut ein Jahr nach dem „Sorry“ von Australiens Regierungschef Kevin Rudd, welches vor allem den Gestohlenen SorryGenerationen galt, aussieht: Welche Maßnahmen hat es seitdem gegeben, die der Diskriminierung und Benachteilung der australischen Aborigines entgegen wirken? Hat sich nachweislich schon etwas an deren Lage geändert? Welche Schritte sind noch notwendig und vor allem: Wird den Aborigines heute wirklich endlich einmal zugehört? Besonders interessant ist das Interview mit Michael Anderson, einem Aborigine-Führer aus New South Wales. Die beiden Beiträge geben einen guten Überblick über die Frage, was ein Jahr nach dem „Sorry“ von eben diesem zu halten ist. Ich hatte schon länger nach Infos darüber gesucht, bisher vergeblich. Und würde mir wünschen, dass weitere, tiefere Berichte mit positiven und negativen Beispielen folgen… (Am liebsten würde ich direkt selbst hinfliegen und losrecherchieren.)

– Als eingefleischter GEO- und Australien-Fan habe ich mir natürlich gleich die aktuelle GEO EPOCHE gekauft – ein ganzes Heft nur über die Geschichte Australiens! Und obwohl ich den Film bereits gesehen habe, habe ich mir für 14,95 Euro die Sonderausgabe inklusive DVD „Long Walk Home“ gekauft. Dieses Magazin habe ich tatsächlich Wort für Wort von vorne bis hinten komplett durchgelesen – und viele neue, interessante Blickwinkel, Fakten und Geschichten gefunden, von denen ich noch nichts wusste. Selbst die Artikel über die Beteiligung der Australier an den beiden Weltkriegen und den australischen Gold Rush habe ich entgegen meiner eigenen Erwartung (weil mich diese Themen bisher nicht so sehr interessiert haben) verschlungen. Der Film, der eine wahre Geschichte behandelt, ist absolut empfehlenswert für alle, die sich mit den Gestohlenen Generationen beschäftigen – ideal auch für den Unterricht (ich habe ihn selbst in Australien in der Sprachschule gesehen; außerdem gibt es dazu ein gleichnamiges Buch, welches ich schon hier liegen habe) – und natürlich gibt’s im Magazin auch einen gedruckten Artikel zum Thema Gestohlene Generationen. Unter jedem Beitrag sind Quellenangaben mit weiterführenden Informationen, zum Teil Originalquellen, die auch im Internet abrufbar sind, enthalten (wie zum Beispiel zum Bericht „Bringing them home„, der 1997 zum ersten Mal das Ausmaß und die psychischen und sozialen Folgen des staatlichen Kinderraubes bekannt machte). Ein wirklich tolles und gelungenes Heft! Das einzige was mir fehlte, war ein Hinweis auf die von mir bereits „verbloggte“ und unglaublich beeindruckende Serie „The First Australians“ über die Geschichte der Aborigines – die ebenfalls für den Unterricht geeignet ist (in Folge 5 geht es um die Gestohlenen Generationen).

Ich hoffe, potenziell Interessierten damit ein paar hilfreiche Tipps gegeben zu haben.

Das Foto zeigt Kinder, die am Redfern Community Centre Banner hochhalten, nachdem sie die Liveübertragung der offiziellen Entschuldigung an die Gestohlenen Generationen im vergangenen Jahr gesehen haben. Das Foto steht zur freien Verfügung. Welche Emotionen diese Entschuldigung ausgelöst hat, kann man übrigens an diesen tollen Fotos ablesen und in diesem Video von ABC sehen (in dem es auch darum geht, dass nicht alle Regierungsmitglieder mit der Entschuldigung einverstanden waren…).

2 Antworten to “Die Gestohlenen Generationen: Info-Material”

  1. kblog Sonntag, Mai 31, 2009 um 16:02 #

    Das ist wahrlich ein interessantes Thema, das ich unter dem Stichwort Diskriminierung einordne. Immer wenn eine Bevölkerungsgruppe schwächer ist, wird diese auch dementsprechend diskriminiert. Das sehen wir auch in Deutschland oder natürlich auch in der Schweiz. In der Schweiz gibt es beispielsweise ähnliche Fälle wie in Australien: Die so genannten Verdingkinder(http://www.verdingkinder.ch/ und http://www.netzwerk-verdingt.ch/geschichte.html ). Das sind Kinder, die oft ausserehelich geboren wurden und deren Mütter diese Kinder weggenommen wurden, nur weil sie nicht geheiratet hatte. Manchmal wurden auch Kinder von Eltern weggenommen, die überschuldet waren und deshalb ihr Leben verdingen mussten. So erging es aber auch vielen Halbwaisen und Waisen.

    Aber auch heute noch gibt es viele ähnliche Dinge, wenn zum Glück nicht mehr so drastisch (zumindest in der Schweiz und in Deutschland).

  2. Muschelschubserin Dienstag, Juni 2, 2009 um 19:21 #

    Von den Verdingkindern habe ich ehrlich gesagt noch nie gehört. Es ist schockierend. Das ganze Thema, egal, um welche Minderheit es geht. Und es ist irgendwie beängstigend, wie sehr sich solche Ideologien und Ansichten scheinbar weltweit durchsetzen konnten zu bestimmten Zeitpunkten, immer gegen andere Minderheiten. Wie grausam Menschen sein können, wie sehr sie Mitgefühl ausschalten können. Mir blutet bei all solchen Schicksalen das Herz, wenngleich mich die Geschichte der Aborigines immer schon am meisten interessiert hat. Parallelen gibt es (oder gab es) aber leider über den ganzen Globus verteilt. Heute läuft so etwas zumindest hier vermutlich wesentlich subtiler ab.

Hinterlasse einen Kommentar